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Formel 1: Die Ersten werden die Letzten sein

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McLaren MP4-29

Leere Flächen klaffen sogar auf den Autos von Top-Teams wie McLaren. © Paul Williams

Ich verfolge die Formel 1 seit nunmehr 30 Jahren und habe die Serie insbesondere als vielseitigen Konstrukteurs-Wettbewerb schätzen und lieben gelernt. Leider ist davon heute so wenig übrig geblieben, dass ich im Schnitt nur noch ein Drittel der Rennen in einer Saison verfolge. Und bevor mir jetzt jemand den „früher war alles besser“-Stempel aufdrückt: Wir sprechen nicht mehr nur von einigen Details, die subjektiv als gut oder schlecht empfunden werden können.

Bereits letztes Jahr mehrten sich die Anzeichen auf finanzielle Schwierigkeiten bei rund einem Drittel der Teams. Nun haben wir Gewissheit: Zwei davon werden in dieser Saison nicht mehr antreten. Sehr wahrscheinlich werden Caterham und Marussia nie mehr am Start stehen. Und selbst jetzt noch nehmen es die tonangebenden Instanzen mit einer unerträglichen Ignoranz hin. Gebetsmühlenartig wird darauf verwiesen, dass es schon immer so war. Entweder jemand hat das Geld, oder eben nicht.

In den letzten zehn Jahren wurde in der Formel 1 ununterbrochen an den sportlichen Aspekten gefeilt. Anders gesagt, der Sport musste immer dann als Debatte herhalten, wenn die Probleme eigentlich ganz woanders lagen. Der Dominanz einiger Teams folgten überhastet eingeführte Änderungen im Qualifying, wo plötzlich nicht mehr die maximale Leistung auf eine Runde zählte, sondern ein gutes Reifenmanagement im Hinblick auf das Rennen. In die selbe Kategorie gehörten Massnahmen wie das neue Punktesystem, das in den letzten zehn Jahren gleich zweimal überarbeitet wurde, ohne, dass sich das Teilnehmerfeld gegenüber den 90er-Jahren vergrössert hat.

Die Formel 1 hat sich zu einem gigantischen Monster entwickelt. Immer mehr Geld und noch grössere Ausgaben haben die populärste Rennserie der Welt in eine regelrechte Geldverbrennungsmaschine verwandelt. Am augenscheinlichsten sind die Kostenauswüchse bei den Teams und deren Belegschaft. Wo früher einige Dutzend Mechaniker und Ingenieure für den Betrieb zweier Autos ausreichend waren, stehen heute Werkshallen mit unzähligen Spezialabteilungen, Prüftständen und Windkanälen. Mercedes-Teamchef Toto Wolff bestätigte unlängst gegenüber der britischen Autosport, dass 800 Mitarbeiter am Hauptsitz in Brackley arbeiten, und weitere 400 Leute in der Motorenfertigung in Brixworth beschäftigt werden. Ferrari-Teamchef Marco Mattiacci sprach ebenfalls von „über 800 Mitarbeitern“ in Maranello. Und das alles, um am Wochenende zwei Rennautos an den Start zu bringen. Ein Wahnsinn.

Caterham Marussia

Die jüngsten Opfer: Caterham und Marussia sind insolvent.
Foto © Caterham F1

Kein Wunder also sind Jahresetats von bis zu 250 Millionen Euro bei den Topteams die heutige Realität. Und, wie wenn das sportliche Ungleichgewicht nicht schon genug gross wäre, werden die grössten vier Teams auch noch überproportional an den Gewinnausschüttungen beteiligt. So erhält Sauber (7. Konstrukteursrang 2013) im laufenden Jahr immer noch 10% weniger Prämiengelder als Williams (9. Konstrukteursrang 2013). Lotus, das die Saison 2013 als viertbestes Team abschloss, kommt auf rund 60% des Prämienanteils von McLaren, die ihrerseits im letzten Jahr ohne Sieg geblieben sind und die Wertung auf Rang fünf beendet hatten. Diese beiden Beispiele (Quelle: Autosport) zeigen wie unlogisch und unfair in der Formel 1 gewirtschaftet wird.

Die 2013 gegründete F1-Strategiegruppe, die der FIA und der Formel-1-Kommission Vorschläge unterbreiten will, besteht aus den Teams von Red Bull, Ferrari, Mercedes, McLaren, Williams und Lotus. Die Teams Force India, Sauber, Caterham und Marussia werden aussen vor gelassen. Angenommen es bleibt dabei, dann muss man kein Prophet sein, um zu merken wohin das Ganze führt. Eine Aussage, wie sie Bernie Ecclestone gegenüber Autosport nach dem GP von Österreich gemacht hat, steht exemplarisch für die Ignoranz und das kurzfristige Profitdenken. Auf die Frage, ob er Angst hat weitere Teams zu verlieren, liess der Brite trocken verlauten: „Ganz ehrlich, ich wäre glücklich darüber. Es ist wie ein Pokerspiel. Du kennst die anderen Spieler nicht. Du willst sie eigentlich nicht im Spiel haben. Wenn du es dir nicht leisten kannst, dann solltest du in diesem Geschäft nicht dabei sein,“ sagte Ecclestone. Heute wissen wir: Es ist passiert, und es wird wieder passieren.

Die Schnapsidee das Teilnehmerfeld mit einem dritten Auto durch die bestehenden Teams aufzufüllen taugt genauso wenig die oben genannten Aussagen. Niemand möchte drei Ferraris gegen drei Mercedes oder drei McLaren fahren sehen. Ich bin mir sicher, es wäre der Tod der Serie. Die Formel 1 braucht Teams die letzter werden. Der Kampf David gegen Goliath war immer ein Teil der Faszination Formel 1. 2010 hatten sich vier neue Teams für die Teilnahme eingeschrieben. Eines davon konnte die Finanzen für den Start nicht aufbringen, und zwei mussten mittlerweile Konkurs anmelden. Aber vielleicht muss es wirklich soweit kommen und weitere Teams müssen die Segel streichen, bis die Top-Teams merken, dass irgend einer letzter werden muss. Und im Worst Case-Szenario heisst der letzte Ferrari, Mercedes oder McLaren.

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